„Einmal katholisch, immer katholisch“
Der Satz „Einmal katholisch, immer katholisch“ begegnet einem oft in der Diskussion über den Kirchenaustritt. Viele Menschen, die sich von der katholischen Kirche distanzieren möchten, stossen auf eine scheinbar unüberwindbare Hürde: Die Taufe. Theologen betonen, dass die Taufe ein unauslöschliches Sakrament ist, das die Zugehörigkeit zur Kirche lebenslang festschreibt. Wer getauft ist, bleibt aus kirchlicher Sicht immer Mitglied, selbst wenn er oder sie offiziell austritt.
Taufe und Kirchenaustritt
Diese Vorstellung löst bei vielen Menschen Unverständnis aus. Denn der Kirchenaustritt wird oft als ein Schritt in die Selbstbestimmung und Unabhängigkeit gesehen. Wer aus der Kirche austritt, möchte sich von der Institution lösen, sei es aufgrund persönlicher Überzeugungen, aus Enttäuschung oder weil man sich mit den kirchlichen Werten nicht mehr identifiziert. Doch die katholische Kirche argumentiert, dass das Band, das durch die Taufe geknüpft wurde, unzerstörbar sei.
Hier entsteht eine Verwirrung, die auf einem Missverständnis der unterschiedlichen Dimensionen der Kirche beruht. Die katholische Kirche besteht sowohl aus einer religiösen als auch aus einer rechtlichen Organisation. Der Kirchenaustritt, den viele Menschen vollziehen, bezieht sich in erster Linie auf die staatlich anerkannte, rechtliche Struktur der Kirche. In diesem Kontext bedeutet der Austritt, dass man nicht mehr in staatlichen Registern als Mitglied der Kirche geführt wird und somit auch keine Kirchensteuer mehr zahlt. Was jedoch in der theologischen Dimension passiert – oder eben nicht passiert – ist eine andere Frage.
Kann man „Enttaufen“?
Die katholische Kirche betrachtet die Taufe als einen heiligen Bund zwischen dem Individuum und Gott, der nicht einfach rückgängig gemacht werden kann. Es gibt kein Ritual der „Ent-Taufe“. Selbst wer sich von der Kirche abwendet, bleibt aus kirchlicher Sicht für immer Teil dieser Gemeinschaft, zumindest in einem geistlichen Sinne. Die Taufe wird als „unauslöschlich“ bezeichnet, was bedeutet, dass die Gnade, die durch die Taufe verliehen wird, auch nach einem Kirchenaustritt bestehen bleibt.
Viele Menschen empfinden diese theologische Sicht als problematisch, vor allem wenn sie selbst nie die Möglichkeit hatten, über ihre Taufe zu entscheiden. In den meisten Fällen wird die Taufe im Säuglingsalter vollzogen, und die betroffenen Personen werden erst Jahre später damit konfrontiert, was dieser Akt tatsächlich bedeutet. Sie haben die Taufe nicht selbst gewählt, doch sie bleibt aus kirchlicher Sicht ein lebenslanger Bund. Dieser Aspekt wirft Fragen auf, wie viel Autonomie man als Individuum über seine spirituelle Zugehörigkeit hat.
Entfremdung
Besonders kritisch wird es, wenn Menschen, die sich von der Kirche entfremdet haben, den Wunsch haben, auch offiziell alle Verbindungen zu dieser Institution zu kappen. Viele wollen sich nicht nur von der Kirchensteuer und der Mitgliedschaft befreien, sondern auch das spirituelle Band durch die Taufe lösen. Doch aus Sicht der katholischen Kirche ist dies nicht möglich. Dies kann bei den Betroffenen Frustration auslösen, da sie das Gefühl haben, in einer Beziehung festzustecken, die sie nie eingegangen sind und aus der sie nicht entkommen können.
In einer Zeit, in der individuelle Freiheit und Selbstbestimmung grossen Wert haben, wird die katholische Sichtweise oft als antiquiert wahrgenommen. Viele wünschen sich ein grösseres Mass an Autonomie über ihre religiöse Zugehörigkeit. Der Wunsch, sich von der Kirche zu lösen, geht über die rein administrative Ebene hinaus – es geht um eine tiefere Distanzierung von einer Institution, mit der man sich nicht mehr identifiziert.