Persönliche finanzielle Gründe
Wirklich verlässliche Umfragen von repräsentativer Qualität existieren nicht für die Gründe zum Kirchenaustritt. Verschiedene Erhebungen betreffend Austrittsgründe zeigen aber, dass man bei etwa der Hälfte aller Kirchenaustritte von hauptsächlich finanziellen Gründen, insbesondere der Höhe der Kirchensteuer, ausgehen kann.
Die Bedeutsamkeit des Kirchensteuerbetrags zeigt sich auch bei der Betrachtung der kantonalen Verteilung des Anteils der Kirchenmitglieder in der Bevölkerung. Im Kanton Basel-Stadt, wo die Kirchensteuer sehr hoch ist, sind nur noch etwa ein Siebtel der Bevölkerung Mitglieder der evangelisch-reformierten und der römisch-katholischen Kirche. In Basel-Stadt bezahlen Unternehmen keine Kirchensteuer, was auch im Kanton Aargau der Fall ist, wo ebenfalls viele Kirchenaustritte verzeichnet werden. Relativ gering sind die jährlichen Mitgliederverluste hingegen im Kanton Bern, wo juristische Personen Kirchensteuer bezahlen und die Pfarrsaläre aus den Staatssteuern finanziert werden.
Zweifel an der Institution
Ein bedeutender Faktor für den Kirchenaustritt ist gemäss Umfragen zu den Austritts-Gründen der Vertrauensverlust in die Institution Kirche, insbesondere durch die Enthüllungen von Missbrauchsskandalen. Diese Vorfälle haben viele Menschen tief erschüttert und ihr Vertrauen in die moralische Autorität der Kirche stark beeinträchtigt. Die oft als unzureichend empfundene Aufarbeitung dieser Skandale hat zu einer weiteren Entfremdung geführt.
Gesellschaftlicher Wandel
Säkularisierung (Lockerung der Bindungen an Religion durch Humanismus und die Aufklärung) und Individualisierung haben schon seit geraumer Zeit Kirchenaustritte verursacht. Der Einfluss der Religion auf das tägliche Leben der Menschen hat stark abgenommen, was dazu geführt hat, dass viele eine Distanz zur Kirche fühlen. Die traditionelle Rolle der Kirche als moralische und gesellschaftliche Instanz ist geschwächt, da individuelle Werte und ethische Überzeugungen an Bedeutung gewonnen haben.
Viele Menschen in der Schweiz wenden sich von der organisierten Religion ab, weil sie ihre Spiritualität individuell gestalten möchten. Der Wunsch nach persönlicher Freiheit und die Ablehnung dogmatischer Strukturen führen dazu, dass sie die Kirche als nicht mehr zeitgemäss oder relevant empfinden.
Urbaner Lebensstil
Junge Menschen und Stadtbewohner neigen eher dazu, aus der Kirche auszutreten. In urbanen Gebieten ist die Vielfalt an Lebensstilen und Weltanschauungen grösser, und traditionelle religiöse Bindungen sind oft weniger stark ausgeprägt. In der Nordostschweiz sind aber auch in ländlichen Gebieten relativ viele Kirchenaustritte festzustellen, insbesondere im Kanton Solothurn. Seit wenigen Jahren weist auch der Kanton Luzern stark gestiegene Austrittszahlen auf, nachdem der Kanton Luzern lange Zeit relativ wenige Austritte verzeichnete.
Weiter zeigt die Betrachtung der demografischen Entwicklung in der Schweiz, dass jüngere Generationen tendenziell weniger religiös sind als ältere, was langfristig zu einem Rückgang der Kirchenmitgliedschaften führt.
Welche Nachteile hat das Austreten aus der Kirche?
Die Dienstleistungen werden aus den Kirchensteuer-Einnahmen der Mitglieder der Kirchgemeinde finanziert. Der Anspruch auf Zugang zu diesen kirchlichen Leistungen geht durch den Kirchenaustritt verloren. Jedoch entscheiden die Mitarbeitenden der Pfarrämter situativ, wann ausgetretenen Personen dennoch Teilhabe gewährt wird.