Ende Kirchensteuerpflicht im Kanton Obwalden nach Kirchenaustritt Evangelisch-reformierte Kirche

In der Kirchenorganisation der Evangelisch-reformierten Kirche Obwalden steht die Festlegung "Ein Austritt wird wirksam auf Ende des Kalenderjahres, in welchem er erklärt wird" im Widerspruch zur Rechtssprechung des Bundesgerichts. Dies wird im Folgenden beleuchtet.

Von der Evangelisch-reformierte Kirche wird genäss der (staatlichen) Verfassung des Kantons Obwalden verlangt: "Die evangelisch-reformierte Kirche gibt sich eine Kirchenorganisation, die der Genehmigung des Kantonsrates bedarf und zu genehmigen ist, sofern keine Verletzung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht vorliegt".

Diese Kirchenorganisation (wird in anderen Kantonen auch "Kirchenverfassung" genannt) hat die Evangelisch-reformierte Kirche vorgelegt und wurde durch den Kantonsrat des Kantons Obwalden im Jahr 1989 genehmigt.

Schon damals hätte eigentlich in der Kirchenorganisation in Art.8 Abs.5 nicht geschrieben werden dürfen: "Ein Austritt wird wirksam auf Ende des Kalenderjahres, in welchem er erklärt wird". Dies stand schon damals im Widerspruch zur Bundesverfassung wie das Bundesgericht im Entscheid 104 IA 79 von 1978 darlegte: "Eine kantonale Regelung, wonach der Austretende die Kirchensteuer noch für das ganze laufende Jahr zu bezahlen hat, verstösst gegen Art.49 Abs.6 BV. Die Kirchensteuer darf nur noch pro rata temporis bis zum Kirchenaustritt erhoben werden" (Anmerkung: Art.49 bezieht sich auf die Religionsfreiheit, welche in der neuen Bundesverfassung von 1999 nun in Artikel 15 zugesichert wird.)

Bis zur bisher letzten Revision der Kirchenorganisation im Jahr 2002 war dies offenbar niemandem aufgefallen oder man vergass die Anpassung bei der Revision 2002 vorzunehmen. Jedenfalls ist bis heute festgelegt "Ein Austritt wird wirksam auf Ende des Kalenderjahres, in welchem er erklärt wird".

In der Praxis wird Art.8 Abs.5 der Kirchenorganisation der Evangelisch-reformierten Kirche Obwalden allerdings ignoriert. Anders als im Kanton Uri wird die Kirchensteuer nur bis zum effektiven Kirchenaustritts-Datum eingezogen. Auch die Finanzdirektion des Kantons Obwalden hat bestätigt, dass in diesem Punkt die evangelisch-reformierte Kirchenorganisation als nicht durchsetzbar eingestuft wird und deshalb die Steuerämter entsprechend BGE 104 IA 79 vorgehen.

Da man also sowohl seitens des Staates als auch seitens der Kirche Kenntnis vom überholten Artikel 8 in der Evangelisch-reformierten Kirchenorganisation hat, ist zu hoffen, dass die entsprechenden Gremien in nächster Zeit aktiv werden und die Evangelisch-reformierte Kirchenorganisation so ändern, dass sie nicht mehr gegen die Bundesverfassung verstösst.

Externer Link ◽ PDF-Dokument Kantonsverfassung
▶ Verfassung des Kantons Obwalden

Externer Link ◽ PDF-Dokument Kirchenorganisation
▶ Kirchenorganisation der Evangelisch-reformierten Kirche Obwalden

 
UPDATE 30.01.2019

Im Kanton Uri ist das Versäumnis inzwischen behoben wurden, leider ist jedoch seit 2016 betreffend der Kirchenorganisation der Evangelisch-reformierten Kirche Obwalden noch nichts Richtung Korrektur feststellbar.